Standarddatenanforderungen

Um Ihren Registrierungspflichten nachzukommen, müssen Sie das von REACH festgelegte Mindestmaß an Standardinformationsanforderungen erfüllen. Diese Anforderungen hängen von der Menge des Stoffes ab, den Sie herstellen oder in die EU/in den EWR einführen.

 

Ermittlung der relevanten Datenanforderungen für Ihren Stoff
  • Befolgen Sie die allgemeinen Datenanforderungen für alle Registranten (einschließlich derjenigen, die Ihre Stoffidentifizierung betreffen), die in Anhang VI der REACH-Verordnung beschrieben sind.
  • Befolgen Sie die spezifischen Anforderungen an die Informationen über schädliche Wirkungen für die verschiedenen Mengenbereiche, die in den Anhängen VII–X der REACH-Verordnung genannt sind. Je größer die Menge ist, desto mehr Informationen sind erforderlich.
  • In einigen Fällen benötigen Sie unter Umständen Informationen, die für größere Mengen als Ihren registrierten Mengenbereich relevant sind, um die sichere Verwendung Ihres Stoffes zu gewährleisten, z. B. wenn er mutagene Eigenschaften aufweist.

 

Physikalisch-chemische Eigenschaften
  • Führen Sie alle neuen Prüfungen zur Ermittlung der physikalisch-chemischen Gefahren gemäß den in der CLP-Verordnung genannten Methoden und in Übereinstimmung mit einem anerkannten Qualitätssystem oder durch den Einsatz von Laboratorien durch, die eine relevante anerkannte Norm erfüllen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Ergebnisse für die Einstufung und Kennzeichnung nach der CLP-Verordnung geeignet sind und die Empfehlungen der Vereinten Nationen für die Beförderung gefährlicher Güter, Handbuch über Prüfungen und Kriterien, einhalten.
  • Einige physikalisch-chemische Eigenschaften sind mit anderen Informationsanforderungen verknüpft. Stellen Sie sicher, dass die Informationen in den verschiedenen Teilen Ihres Dossiers einheitlich sind, und erklären Sie alle unerwarteten Ergebnisse.

 

Toxikologische Eigenschaften
  • Die REACH-Anhänge sind aufeinander aufbauend. So sind die Anforderungen nach Anhang VII (z. B. für In-vitro-Reizungstests) einzuhalten, bevor die Anforderungen nach Anhang VIII (z. B. für In-vivo-Prüfungen) in Erwägung gezogen werden. Es gibt jedoch einige Fälle, in denen Sie eine Prüfung nach Anhang VIII durchführen können, um auch eine Anforderung nach Anhang VII zu erfüllen. Wenn Ihr Stoff beispielsweise keine toxische Wirkung hat, können Sie zuerst eine Untersuchung der Toxizität bei wiederholter Aufnahme über 28 Tage (nach Anhang VIII) durchführen und die Ergebnisse für einen Ansatz der Beweiskraft der Daten verwenden, um den Endpunkt „akute orale Toxizität“ (Anhang VII) zu erfüllen.
  • Falls Sie neue Daten zur Haut- und Augenreizung oder zur Sensibilisierung der Haut benötigen, müssen Sie, unabhängig von der jährlichen Herstellungs- bzw. Einfuhrmenge des Stoffes, stets zuerst die In-vitro-Prüfungen durchführen.

 

Mutagenität
  • Wenn Sie Anforderungen gemäß Anhang VIII 8.4.2 der REACH-Verordnung erfüllen müssen, müssen Sie einen In-vitro-Mikronukleustest (OECD-Prüfrichtlinie 487) durchführen und zwei positive Kontrollsubstanzen (d. h. eine bekanntermaßen klastogen und eine bekanntermaßen aneugen) einbeziehen. Wenn der Stoff die Häufigkeit von Mikronuklei erhöht, müssen Sie eine zweite Bewertung mittels eines Zentromer-Färbeverfahrens durchführen, um den Wirkmechanismus bzw. die Wirkmechanismen für Chromosomenaberrationen (d. h. Klastogenität und/oder Aneugenität) zu ermitteln. Dies ist notwendig, um eine Gefahrenbeurteilung in dem gemäß der OECD-Prüfrichtlinie zulässigen Ausmaß zu gewährleisten, und insbesondere, um zu vermeiden, dass eine etwaige Aneugenität übersehen wird.
  • Wenn Sie bei irgendeinem der In-vitro-Versuche (Anhang VII 8.4.1 oder Anhang VIII 8.4.2 oder 8.4.3) ein positives Ergebnis erhalten, müssen Sie im Anschluss eine In-vivo-Prüfung durchführen. Bevor Mutagenitätstests an Wirbeltieren beginnen können, müssen Sie einen Versuchsvorschlag einreichen. Wenn Sie eine In-vivo-Folgeprüfung nicht für erforderlich halten, müssen Sie in Ihrem Dossier eine wissenschaftlich fundierte und gut dokumentierte Abweichung gemäß den allgemeinen Bestimmungen für Abweichungen von Anhang XI mit entsprechender Begründung vorlegen.
  • Sie müssen eine Prüfung durchführen, die einen In-vivo-Comet-Assay (OECD-Prüfrichtlinie 489) und einen In-vivo-Mikronukleustest (OECD-Prüfrichtlinie 474) kombiniert, wenn:
    • Bedenken in Bezug auf Chromosomenaberrationen vorliegen oder in vitro festgestellt wurden, die möglicherweise mit einem Bedenken im Hinblick auf eine Genmutation zusammenhängen; und
    • keine anderen angemessenen und geeigneten In-vivo-Genotoxizitätsdaten vorliegen.
    Die Kombination ist notwendig, um sowohl für die Gefahrenkennzeichnung als auch für das Risikomanagement eine geeignete Prüfung zu haben.
    Durch die Kombination wird die Anzahl der Versuche und der Versuchstiere reduziert, da dadurch die Wahrscheinlichkeit erhöht wird, innerhalb ein und derselben Prüfung genotoxische Stoffe nachzuweisen; gleichzeitig werden Informationen zu dem Potenzial des Stoffes, in vivo Chromosomenaberrationen und/oder Genmutationen zu verursachen, bereitgestellt.
    Es kann stoffspezifische Gründe geben, die eine Abweichung von diesem allgemeinen Ansatz rechtfertigen könnten, z. B.:
    • Wenn eindeutige Belege dafür vorliegen, dass der Stoff und/oder seine Metaboliten nicht systemisch verfügbar sein und das Knochenmark nicht erreichen werden, ist ein In-vivo-Mikronukleustest (OECD-Prüfrichtlinie 474) nicht geeignet.
    • Für Stoffe, die nur aneugene Eigenschaften aufweisen, sollte ein In-vivo-Mikronukleustest (OECD-Prüfrichtlinie 474) anstelle der kombinierten Prüfung durchgeführt werden, da der Comet-Assay nicht für den Nachweis von Aneugenen geeignet ist.
  • Bei der Durchführung eines In-vivo-Mikronukleustests (entweder allein oder in Kombination mit einem In-vivo-Comet-Assay) müssen Sie Folgendes einbeziehen:
    • Eine zweite Bewertung mithilfe eines Zentromer-Färbeverfahrens, wenn der Stoff die Häufigkeit von Mikronuklei erhöht (OECD-Prüfrichtlinie 474) und der Wirkmechanismus für Chromosomenaberrationen der Stoffes unbekannt ist;
    • Eine geeignete Untersuchung der Exposition von Zielgewebe. Dies lässt sich bewerkstelligen, indem zu geeigneten Zeitpunkten Blutproben genommen und die Plasmakonzentrationen des Stoffes und/oder von dessen Metaboliten gemessen werden, wenn sich die Exposition nicht über andere Wege nachweisen lässt, wie in OECD-Prüfrichtlinie 474 beschrieben. Sie müssen die Exposition des Zielgewebes aufzeigen, um zu dem Schluss zu gelangen, dass der Mikronukleustest eindeutig negativ ist.
    Dies ist notwendig, um eine Gefahrenbeurteilung in dem gemäß der OECD-Prüfrichtlinie zulässigen Ausmaß zu gewährleisten, und insbesondere, um zu vermeiden, dass eine etwaige Aneugenität übersehen wird, und um unschlüssige negative Testergebnisse zu verhindern, die zu zusätzlichen unnötigen Tierversuchen führen können.
  • Sie müssen möglicherweise eine Keimzell-Genotoxizitätsstudie (OECD-Prüfrichtlinie 488 oder OECD-Prüfrichtlinie 483) für Stoffe durchführen, die in einer Menge von 100 Tonnen pro Jahr oder mehr hergestellt oder eingeführt werden (Anhänge IX oder X der REACH-Verordnung), wenn:
    • eine In-vivo-Genotoxizitätsprüfung an somatischen Zellen positiv ausfällt und
    • keine eindeutige Schlussfolgerung zur Keimzellmutagenität gezogen werden kann.

 

Toxizität bei wiederholter Aufnahme
  • Bei der Durchführung einer In-vivo-Prüfung auf Toxizität bei wiederholter Aufnahme sollte im Einklang mit der entsprechenden OECD-Prüfrichtlinie eine angemessen hohe Dosis verwendet werden. Überprüfen Sie die Empfehlungen der ECHA zur Anwendung der Dosisauswahl bei Toxizitätstests bei wiederholter Aufnahme.

 

Reproduktionstoxizität
  • Ein nach Anhang VIII vorgeschriebener Screeningtest (OECD-Prüfrichtlinie 421 oder OECD-Prüfrichtlinie 422) erfüllt weder die Informationsanforderungen für eine Prüfung der subchronischen Toxizität (90 Tage) (OECD-Prüfrichtlinie 408) noch die Anforderungen für eine Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität (OECD-Prüfrichtlinie 414) oder eine erweiterte Eingenerationen-Reproduktionstoxizitätsstudie (EOGRTS) (OECD-Prüfrichtlinie 443).
  • Um die Standarddatenanforderungen für einen Stoff zu erfüllen, der für 1 000 Tonnen oder mehr pro Jahr registriert ist (Anhang X), müssen Sie Studien zur pränatalen Entwicklungstoxizität (OECD-Prüfrichtlinie 414) an zwei Arten durchführen. Gemäß OECD-Prüfrichtlinie 414 ist die Ratte die bevorzugte Nagetierart und das Kaninchen die bevorzugte Nicht-Nagetierart. Wenn Sie eine andere Tierart für besser geeignet halten, geben Sie hierfür eine Begründung an.
  • Ziehen Sie den technischen Bericht der ECHA heran, der die Frage behandelt, wie die ECHA das Design der erweiterten Eingenerationen-Reproduktionstoxizitätsstudie (EOGRTS) ermittelt und hierzu Schlussfolgerungen zieht. Dort finden Sie wesentliche Informationsquellen für die Festlegung des EOGRTS-Designs und die Einleitung der eigentlichen Studie.
  • Bei der Durchführung eines In-vivo-Tests auf Reproduktionstoxizität sollte im Einklang mit der entsprechenden OECD-Prüfrichtlinie eine angemessen hohe Dosis verwendet werden. Überprüfen Sie die Empfehlungen der ECHA zur Anwendung der Dosisauswahl bei Reproduktionstoxizitätstests.

 

Verbleib und Verhalten in der Umwelt
  • Stellen Sie in Untersuchungen zur biologischen Abbaubarkeit sicher, dass das mikrobielle Inokulum nicht angepasst wird, da dies nicht zulässig ist. Die Anpassung eines mikrobiellen Inokulums bedeutet, dass das Inokulum in Kontakt mit dem getesteten Stoff ist, bevor der Test zur biologischen Abbaubarkeit beginnt. Belüftung und das Waschen mit mineralischen Medien gelten nicht als Anpassung des Inokulums.
  • Ermitteln Sie Abbauprodukte und melden Sie sie entsprechend. Informationen zu Abbauprodukten werden durch Simulations- und/oder Hydrolysetests erhalten. Führen Sie zusätzliche Prüfungen für diese Produkte durch, wenn sie ein Risiko darstellen können oder zu erwarten ist, dass sie auf sonstige Weise besorgniserregend sind, z. B. persistent, bioakkumulierbar und toxisch (PBT) oder sehr persistent und sehr bioakkumulierbar (vPvB).
  • Verwenden Sie die empfohlenen OECD-Prüfrichtlinien 307, 308 und 309 für Simulationstests für Wasser, Boden und Sediment. Simulationstests für Abwasseraufbereitungsanlagen (Sewage Treatment Plant, STP; z. B. OECD-Prüfrichtlinien 303 oder 314) sind nicht als alleinige Informationsquelle geeignet, um Schlussfolgerungen dazu zu ziehen, ob ein Stoff die Kriterien für persistent/sehr persistent erfüllt.
  • Bei der Beurteilung der Persistenz und Bioakkumulierbarkeit für die PBT/vPvB-Bewertung sollten Sie auch jeden Bestandteil, jede Verunreinigung oder jeden Zusatzstoff berücksichtigen, der/die in einer Konzentration von 0,1 Gewichtsprozent (w/w) oder mehr vorhanden ist, oder, falls dies technisch nicht möglich ist, in Konzentrationen, die so niedrig wie technisch quantifizierbar sind. Berücksichtigen Sie auch alle relevanten Abbau-/Umwandlungsprodukte, d. h. zumindest diejenigen, die bei ≥ 10 % der angewendeten Dosis zu jedem Probenahmezeitpunkt nachgewiesen werden, oder diejenigen, die während des Versuchs kontinuierlich ansteigen, auch wenn ihre Konzentrationen 10 % der angewendeten Dosis nicht überschreiten, da dies auf Persistenz hinweisen kann. Andernfalls ist zu begründen, weshalb sie für die PBT/vPvB-Bewertung nicht relevant sind.
  • Die Bildung nicht extrahierbarer Rückstände (non-extractable residues, NER) kann in den Simulationstests in Oberflächenwasser, Sediment und Boden signifikant sein. Standardmäßig werden die gesamten NER als nicht abgebauter Stoff betrachtet. Wenn hinreichend begründet und analytisch nachgewiesen, kann ein bestimmter Teil der NER als unumkehrbar an biogene NER gebunden oder als zu biogenen NER abgebaut differenziert und quantifiziert werden. Solche Fraktionen könnten bei der Berechnung der Abbauhalbwertzeiten als entfernt betrachtet werden (ECHA-Leitlinien R.11.4.1.1.3.). Quantifizieren Sie die in den Simulationstests gebildeten NER in Oberflächenwasser, Sediment und Boden und berichten Sie die Ergebnisse einschließlich einer wissenschaftlichen Begründung der verwendeten Extraktionsverfahren und Lösungsmittel.
  • Die Bioakkumulation in Fischen bei Exposition über Wasser und Nahrung (Methode EU C.13 / OECD-Prüfrichtlinie 305) ist die bevorzugte Prüfung für die Bioakkumulation. Sie müssen eine Prüfung auf Exposition über das Wasser durchführen (OECD-Prüfrichtlinie 305-I), es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass dies technisch nicht möglich ist. Wenn Sie begründen und dokumentieren, dass eine Prüfung durch Exposition über das Wasser technisch nicht möglich ist, können Sie einen Versuch über den Weg der Exposition über die Nahrung durchführen (OECD 305-III).

 

Ökotoxikologische Eigenschaften
  • Verwenden Sie die empfohlene Prüfung der Toxizität für Fische im frühen Entwicklungsstadium (FELS) (OECD-Prüfrichtlinie 210), um die Langzeittoxizität für Fische zu untersuchen. Die Prüfung erstreckt sich auf mehrere Entwicklungsstadien von Fischen, vom frisch befruchteten Ei über das Schlüpfen bis hin zu frühen Wachstumsstadien, und ist geeignet, um die potenziellen toxischen Wirkungen von Stoffen zu untersuchen, von denen erwartet wird, dass sie über einen längeren Expositionszeitraum Auswirkungen haben, oder die einen längeren Zeitraum benötigen, um einen Gleichgewichtszustand zu erreichen.
  • Die OECD-Prüfrichtlinie 204 (Fische, Prüfung der längerfristigen Toxizität: 14-tägige Untersuchung) kann nicht als geeignete Langzeitprüfung betrachtet werden. Diese Untersuchung gilt als Untersuchung der langfristigen Toxizität, bei der die Fischsterblichkeit der untersuchte wesentliche Endpunkt ist.
  • Die Informationen zur akuten aquatischen Toxizität (gemäß Anhang VII und VIII der REACH-Verordnung erforderlich) sind für die aquatische Einstufung gemäß CLP und insbesondere für die Ableitung des M-Faktors unabdingbar. Die CLP-Verordnung enthält Kategorien sowohl für die akute als auch für die chronische Gefährdung für die aquatische Umwelt und Sie müssen beide Aspekte bewerten, wenn Sie diese Gefahrenklasse behandeln.
  • Prüfungen der chronischen Toxizität werden für die Einstufung chronischer aquatischer Auswirkungen herangezogen und sind für Stoffe, die in Mengen von 100 bis 1 000 Tonnen pro Jahr registriert werden, erforderlich (Anhang IX der REACH-Verordnung). Diese Prüfungen sind insbesondere für schlecht lösliche Stoffe wichtig, die unter Umständen in einer Kurzzeitprüfung keinen Gleichgewichtszustand erreichen. Daher wird das Erfordernis von Kurzzeitprüfungen für schlecht lösliche Stoffe bereits von Anhang VII (Daphnia) und Anhang VIII (Fische) der REACH-Verordnung ausgelöst.
  • Nutzen Sie die Methode zur Ermittlung des Gleichgewichtsverteilungskoeffizienten (EPM) zur Vorhersage der Toxizität für terrestrische Organismen nur dann, wenn in den Prüfungen der aquatischen Toxizität Wirkungen zu beobachten sind. Zeigt ein Stoff in den Tests zur aquatischen Toxizität keine Wirkungen, kann diese Methode nicht angewandt werden.
  • Die intrinsischen Eigenschaften von Chemikalien auf mikrobielle Gemeinschaften im Boden werden durch die EPM-Extrapolationsmethode nicht berücksichtigt, und die für die Informationsanforderung von Anhang IX Abschnitt 9.4. dargelegte potenzielle Abweichungsmöglichkeit gilt nicht für die Informationsanforderung gemäß Anhang IX Abschnitt 9.4.2. Der Stickstoffumwandlungstest (OECD-Prüfrichtlinie 216) gilt als ausreichend, um die Informationsanforderungen bezüglich der Wirkung auf Mikroorganismen im Boden (Anhang IX Abschnitt 9.4.2) für die meisten Nicht-Agrochemikalien zu erfüllen. Für Agrochemikalien ist außerdem die OECD-Prüfrichtlinie 217 erforderlich.
  • Für Stoffe mit einem hohen Potenzial für die Adsorption in den Boden oder sehr persistente Stoffe (mit einem Log Kow > 5 oder einem DT50 > 180 Tage oder bei Fehlen des DT50 gilt der Stoff als nicht leicht biologisch abbaubar) müssen Sie eine Prüfung der Langzeittoxizität für terrestrische Organismen nach Anhang X anstelle von kurzfristigen Prüfungen durchführen, und zwar selbst dann, wenn der Stoff unter Anhang IX registriert ist (100–1 000 Tonnen pro Jahr).

 

Probleme im Zusammenhang mit dem Studiendesign für Prüfungen der aquatischen Toxizität
  • Legen Sie geeignete Informationen zu den physikalisch-chemischen Eigenschaften sowie den Eigenschaften bezüglich Verhalten und Verbleib des Prüfmaterials vor. Befolgen Sie bei Bedarf die spezifischen Anforderungen für schwierig zu prüfende Stoffe (OECD-Leitliniendokument Nr. 23 zur wässrigen Phase bei Prüfungen der aquatischen Toxizität schwieriger Prüfchemikalien).
  • Sorgen Sie bei allen aquatischen Untersuchungen stets für eine zuverlässige analytische Überwachung der Expositionskonzentrationen.
  • Bei einigen Stoffen kann es schwierig sein, die gewünschten Expositionskonzentrationen zu erreichen und aufrechtzuerhalten. Sie müssen die Prüfkonzentrationen Ihres Stoffes während der gesamten Expositionsdauer überwachen und die Ergebnisse melden. Wenn es nicht möglich ist, die Stabilität der Expositionskonzentrationen nachzuweisen, d. h. wenn die gemessenen Konzentrationen nicht innerhalb von 80–120 % der Nennkonzentrationen liegen, müssen Sie die Effektkonzentration auf der Grundlage von Messwerten angeben.
  • Für Stoffe mit mehreren Bestandteilen oder UVCB-Stoffe, die Bestandteile mit unterschiedlichen Eigenschaften, z. B. einer Vielzahl von Wasserlöslichkeiten, enthalten, ist eine der geeigneten Techniken für die Prüfung der aquatischen Toxizität anzuwenden, die im OECD-Leitliniendokument Nr. 23 beschrieben sind.

 

Abweichung von der Prüfung der aquatischen Langzeittoxizität gemäß Anhang IX der REACH-Verordnung
  • Möglicherweise müssen Sie Prüfungen der Langzeittoxizität für Fische durchführen, die über die in Anhang IX Spalte 1 beschriebenen hinausgehen. Dies gründet auf der Entscheidung der Widerspruchskammer (A-011-2018) vom 4. Mai 2020, der zufolge es die in Anhang IX (Abschnitt 9.1 Spalte 2) der REACH-Verordnung festgelegte Stoffsicherheitsbeurteilung den Registranten nicht erlaubt, die in Spalte 1 festgelegten Angaben zur Langzeittoxizität für Fische auszulassen. Es ist vielmehr als Auslöser für die Bereitstellung weiterer Informationen über die aquatische Langzeittoxizität zu verstehen, wenn die Stoffsicherheitsbeurteilung gemäß Anhang I dieses Erfordernis vorsieht. Es können je nach den Eigenschaften des Stoffes neben den in Anhang IX Spalte 1 beschriebenen weitere Prüfungen der Langzeittoxizität für Fische erforderlich sein.
  • In Situationen, in denen keine Exposition vorliegt oder diese Exposition so gering ist, dass die zusätzlichen Informationen über schädliche Wirkungen zu keinem besseren Risikomanagement führen, können Sie eine expositionsbasierte Abweichung in Betracht ziehen (Anhang XI Abschnitt 3; ECHA-Leitlinie R.5). Denken Sie daran, die Rechtsgrundlage für eine solche Abweichung klar zu definieren und zu begründen, d. h. Anhang XI Abschnitt 3.2 Buchstabe (a) und/oder (b) und/oder (c). Registranten müssen eine angemessene Begründung und Dokumentation basierend auf einer gründlichen und strengen Expositionsbeurteilung gemäß Anhang I Abschnitt 5 der REACH-Verordnung vorlegen und die Kriterien erfüllen, die für die Art der beanspruchten expositionsbasierten Abweichung festgelegt werden. Bei der Begründung sind alle Phasen des Lebenszyklus des Stoffes zu berücksichtigen (einschließlich der Lebensdauer des Erzeugnisses, soweit relevant, und der Abfallphase).
  • Die Entscheidung der Widerspruchskammer zu Fall A-011-2018 hat Vorrang gegenüber den Empfehlungen in den ECHA-Leitlinien. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die in den ECHA-Leitlinien zu Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung beschriebenen Informationen zur aquatischen Toxizität in Bezug auf die Anwendung von REACH Anhang IX Abschnitt 9.1 Spalte 2 als Ausnahmeregelung für die Informationsanforderung unter Spalte 1 nicht mehr gültig sind. Es ist geplant, im Herbst 2023 überarbeitete Leitlinien zu veröffentlichen, in denen beschrieben wird, dass die Stoffsicherheitsbeurteilung keine Möglichkeit zur Abweichung von den unter Spalte 1 festgelegten Prüfungen mehr bietet.

 

Abweichung von der Prüfung der Abbaubarkeit gemäß Anhang IX der REACH-Verordnung:
  • Anhang IX der REACH-Verordnung (Abschnitt 9.2 Spalte 2) gestattet Ihnen nicht, Angaben zur Abbaubarkeit in Spalte 1 auszulassen. Dies ist vielmehr ein Auslöser für die Bereitstellung weiterer Informationen über die Abbaubarkeit, wenn die Stoffsicherheitsbeurteilung gemäß Anhang I dieses Erfordernis vorsieht. Das bedeutet, dass die in den ECHA-Leitlinien zu Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung im Zusammenhang mit REACH Anhang IX Abschnitt 9.2 Spalte 2 beschriebenen Informationen zur Abbaubarkeit als Ausnahmeregelung für die Informationsanforderung unter Spalte 1 keine Anwendung finden.
  • Es gelten die in Anhang IX Spalte 2 Abschnitte 9.2.1.2-4 und 9.2.3 aufgeführten besonderen Vorschriften für die Abweichung sowie die allgemeinen Vorschriften des Anhangs XI. Sie müssen die Rechtsgrundlage für jede Abweichung klar definieren und begründen und die angewandte Abweichung angemessen begründen und belegen. Eine Abweichung gemäß Anhang XI Abschnitt 3.2 Buchstabe a gilt nicht für (potenzielle oder bekannte) PBT/vPvB-Stoffe. Dies liegt daran, dass eine „sichere“ Konzentration in der Umwelt nicht mit den derzeit verfügbaren Methoden ermittelt werden kann, die ausreichend zuverlässig sind, um ein akzeptables Risiko quantitativ bestimmen zu können (Anhang I Abschnitt 4.0.1; ECHA-Leitlinien R.11.1.).
  • Die ECHA empfiehlt, die Prüfung mit Simulationen in Oberflächengewässern (d. h. OECD-Prüfrichtlinien 309) zu beginnen, sofern dies technisch machbar ist. Prüfungen im Boden oder im Sediment könnten zunächst auch auf der Grundlage von Expositionsüberlegungen (z. B. erwartete direkte Freisetzungen in bestimmte Kompartimente) oder, wenn Erkenntnisse über die Persistenz des Stoffes in bestimmten Kompartimenten vorliegen und/oder diese den schlimmsten Fall des Persistenzpotenzials des Stoffes widerspiegeln, in Betracht gezogen werden.
  • Erfüllt der Stoff die Kriterien für persistente oder sehr persistente Stoffe (gemäß Anhang XIII der REACH-Verordnung) in einem Kompartiment (Beginn der Prüfungen in dem relevantesten, wie oben beschrieben), sind in der Regel keine weiteren Prüfungen anderer Umweltkompartimente erforderlich.
  • Im Allgemeinen können die Ergebnisse einer einzigen Simulationsstudie zur Abbaubarkeit nicht direkt auf andere Umweltkompartimente extrapoliert werden (Leitlinie R.11). Wenn also für das erste geprüfte Kompartiment die Schlussfolgerung „nicht persistent“ lautet, ist die Generierung weiterer Daten in anderen Kompartimenten erforderlich.
  • Bei Stoffen, die mehrere Bestandteile, Verunreinigungen und/oder Zusatzstoffe enthalten, muss die Auswahl des relevanten Prüfmaterials (Bestandteile/Anteile von Bestandteilen/der gesamte Stoff) möglicherweise auf den Grundsätzen und Ansätzen beruhen, die in den ECHA-Leitlinien R.11 Abschnitt R.11.4.2.2 beschrieben sind.
  • Bei Simulationstests zur Abbaubarkeit im Boden und im Sediment wird davon ausgegangen, dass ein Stoff ein hohes Potenzial für eine Adsorption in Boden oder Sediment aufweist, wenn
    • Log Koc ≥4;
    • Log Kow ≥4 und/oder ionisierbar (bei pH 4-9) und/oder oberflächenaktiv (Standardeinstellung, es sei denn, Log Koc <4 wird durch einen geeigneten Chargengleichgewichtstest anhand relevanter Boden- und/oder Sedimentproben nachgewiesen).